ISBN 978-3-00-068559-0
Monografie von Dr. rer. nat. Andreas Heinrich Malczan
Erstellt am 20.01.2025
Viele Hirnforscher sind überzeugt davon, dass das Pontocerebellum eine Art natürliches neuronales Netz darstellt. Es könnte auch vermutet werden, dass es sich um ein tief geschichtetes neuronales Netz handelt. Diese Annahmen sind durchaus zutreffend.
Doch bevor wir hier den Nachweis führen, dass das Pontocerebellum ein Deep Neural Network darstellt, wollen wir den Weg nachvollziehen, den das Cerebellum im Verlauf der Evolution zurückgelegt hat. Insbesondere interessiert uns, wie aus dem frühen Spinocerebellum das spätere Pontocerebellum hervorgegangen ist. Denn so, wie aus dem urtümlichen Vestibulocerebellum das Spinocerebellum hervorging, indem die motorischen Signale den Vestibularsignalen gleichgestellt wurden und durch ihre Einbeziehung ein Teil des Vestibulocerebellums zum Spinocerebellum wurde, so entwickelte sich ein Teil des Spinocerebellums zum Pontocerebellum. Es wurde einfach ein zusätzlicher, anderer Input verarbeitet. Die neuronale Schaltung blieb die gleiche.
Dies ist die Besonderheit des Cerebellums, dass es in allen seinen Subsystemen die gleiche, immer wiederkehrende neuronale Schaltung aufweist. Deshalb ist seine Arbeitsweise auch so schwer zu durchschauen und nur im Kontext mit der neuronalen Schaltung seiner Inputlieferenten und Outputempfänger zu verstehen. Dafür bedarf es wiederum umfangreicher neurologischer Kenntnisse.
Die Entstehung des Vestibulocerebellums habe ich in meiner Monografie „Gehirntheorie der Wirbeltiere“ im Kapitel 4.9 „Der Umbau des Vestibularsinns und die Entstehung des Cerebellums“ ausführlich dargestellt. Natürlich sind die dortigen Darlegungen als Theorie, also als Hypothese aufzufassen, auch wenn es sehr starke Indizien dafür gibt, dass es damals tatsächlich so gewesen ist. Dennoch sei es mir gestattet, die dortigen Ausführungen hier nochmals im Kurzform zusammenzufassen.
Der Vestibularsinn erfuhr im Verlauf der Evolution konstruktive Veränderungen. Seine früheste Form bezeichnen wir in dieser Monografie als Paläovestibularsinn.
In einer Vestibularhöhle, einem flüssigkeitsgefüllten Hohlraum, rollte ein durch eine kleine Öffnung eingedrungenes Sandkorns hin und her. Durch die Schwerkraft befand es sich an der tiefsten Stelle dieser Vestibularhöhle. Diese war mit Haarzellen ausgekleidet, die durch das Gewicht des Sandkorns verbogen und dadurch neuronal gereizt wurden. Wenn das Tier von der gewünschten Standardlage abwich, so wurden andere Haarzellen gereizt, deren Aktionspotentiale zu Kontraktion von Muskeln führten. Diese Korrekturbewegungen führten dazu, dass die Standardlage wieder eingenommen wurde.
Der Paläovestibularsinn war mechanisch und konstruktiv nicht die beste Lösung.
Ein Nachteil für den Vestibularsinn war seine Abhängigkeit vom zufälligen Vorhandensein eines Sandkorns in der Vestibularhöhle. Durch die Bewegungen des Sandkorns nutzten sich zudem die Haarzellen ab. Diese Nachteile führten zu einer evolutionären Umgestaltung des Vestibularsinnes.
Es bildete sich eine gallertige Schutzschicht, in die die Haarzellen eingebettet wurden, um sie zu schützen und ihre Lebensdauer zu verlängern. Das herumrollende Sandkorn wurde ersetzt durch ortsfeste, kleine kristalline Absonderungen (Statokonien) auf der gallertigen Masse, die vom Lebewesen selbst gebildet wurden. So entstand der Neovestibularsinn.
Die selbsterzeugten Statokonien waren nunmehr etwa gleichmäßig auf der Gallerte verteilt. Durch ihr Eigengewicht belasteten sie die in der Nähe befindlichen Haarzellen. Die an der tiefsten Stelle der Vestibularhöhle befindlichen Haarzellen wurden jedoch nur geringfügig abgebogen und waren daher am wenigsten erregt. Während beim Paläovestibularsinn die aktivierten Haarzellen an der tiefsten Stelle der Vestibularhöhle maximal erregt wurden, trat beim Neovestibularsinn bei diesen Haarzellen keinerlei Erregung auf. Benötigt wurde jedoch eine Maximalerregung genau an dieser Stelle.
Die Natur wusste sich zu helfen, sie erfand die Signalinversion.
Bei der Signalinversion wird ein stärkeres Mittelwertsignal benötigt, welches in jeder Etage des segmentierten Nervensystem verfügbar war. Im Vestibularsegment wurde dieses Mittelwertsignal mit jedem Vestibularsignal verknüpft. Das Mittelwertsignal wurde auf so viele Inversionsneuronen verteilt, wie es Haarzellensignale gab. Jedes Haarzellensignal hemmt nun sein ihm zugeordnetes Inversionsneuron, welches vom Mittelwertzentrum erregt wurde.
Dadurch kehrte sich die Signalstärke um. War das Haarzellensignal gleich Null, so blieb im Inversionsneuron das Mittelwertsignal als Restsignal übrig. War das Haarzellensignal mittelstark, so hemmte es den Mittelwert nur zur Hälfte, und der Output des Inversionsneurons war ebenfalls mittelstark. Ein sehr starkes Haarzellensignal hemmt den Signalmittelwert so stark, dass das Outputsignal des Inversionsneurons gleich null wurde.
Die Hemmung des Mittelwertsignale in den Inversionsneuronen lieferte ein invertiertes Vestibularsignal, welches nun wieder an der tiefsten Stelle der Vestibularhöhle den stärksten Wert annahm.
Doch wie kam es dazu, dass die Haarzellensignale überhaupt ein Mittelwertsignal der Vestibularetage hemmen konnten?
Hier erwies sich die kontralaterale Hemmung als nützlich. Alle Signale konnten über den Seitenwechselkern ihrer Etage (ihres Segments) auf die kontralaterale Körperseite gelangen und dort hemmend einwirken. So wurde in der Frühzeit der Evolution die kontralaterale Hemmung realisiert. Beide Körperhälften standen in neuronaler Konkurrenz zueinander.
Auch der Output der Haarzellen des Vestibularsystems konnte über den Seitenwechselkern zur Gegenseite ziehen, wo er auf hemmende Transmitter umgeschaltet wurde. Diese hemmenden Signale konnten den Weg zum Mittelwertkern der Vestibularetage finden und eigene Outputneuronen (Inversionsneuronen) generieren, die ihrerseits weiterhin die Mittelwerterregung empfingen. Die Hemmung der Mittelwerterregung führte zur Signalstärkeumkehr, also zur Signalinversion. Da waren die Outputsignale des Neovestibularsinns wieder zur motorischen Ansteuerung brauchbar, denn sie waren maximumcodiert.
Der Seitenwechselkern, über den die Vestibularsignale zur Gegenseite zogen, entwickelte sich zum Nucleus olivaris. Die Umschaltneuronen, welche die Vestibularsignale vom erregenden Transmitter auf den hemmenden Transmitter GABA umschalteten, werden heute als Purkinjezellen bezeichnet. Sie bildeten in der Frühzeit der Evolution den Purkinjekern. Dessen hemmender Output erreichte die Inversionsneuronen, die später den ersten Kleinhirnkern bildeten, der als Nucleus fastigii bezeichnet wird.
Der Purkinjekern bildete mit dem Nucleus fastegii das Vestibulocerebellum. Es diente der Signalinversion der Vestibularsignale des Neovestibularsinns. Diese wurden aus dem minimumcodierten Zustand in den maxumumcodierten Zustand überführt.
Im Verlauf der Evolution fanden auch andere Signal den Weg ins Vestibulocerebellum, vor allem die absteigenden motorischen Signale des obersten Segments des Strickleiter-Nervensystems. Der Teil des Vestibulocerebellums, der diese motorischen Signale empfing, bildete bald einen separaten Teil des Cerebellums, welches als Spinocerebellum bezeichnet wird. Es invertiert die motorischen Signale der kontralateralen Körperhälfte und erregt mit den invertierten Signalen die motorischen Gegenspieler. So wurden die Erregung eines Muskels auf der einen Körperseite in eine inverse Erregung für den Gegenspielermuskel umgewandelt. Neurologen bezeichnen diese inverse motorische Erregung auch als Koaktivierung.
Diese Koaktivierung sorgte für eine bessere Körperspannung und war eine wichtige Voraussetzung für den Landgang der bisherigen Wassertiere.
Im Gegensatz zu früheren Ansichten möchte ich die Signalinversion algebraisch als inverse Operation zur Addition verstanden wissen. Die ebenfalls mögliche Interpretation als inverse Operation zur Multiplikation hatte ich anfänglich angenommen, weil überall zu lesen war, dass Neuronen generell nichtlinear arbeiten. Doch dies würde ich nicht mehr generell unterstützen.
Bei der Interpretation der Signalinversion als inverse Operation zur Addition würde eine Feuerrate f mit einer Feuerrate fm zu einer inversen Feuerrate f* kombiniert werden gemäß der Formel
.
Es ist jedoch durchaus möglich, dass fm in gewissen Fällen auch als maximale Feuerrate interpretierbar ist, da die Feuerrate von Mittelwertneuronen bei hinreichend vielen Inputlieferanten und hinreichend starker Erregung den linearen Bereich verlässt und sich asymptotische der maximalen Feuerrate annähert. Diese maximale Feuerrate hat ihre Ursache in der Refraktärzeit. Diese Zeit benötigt ein Neuron nach dem Abfeuern eines Aktionspotentials, um erneut ein neues Aktionspotential zu erzeugen. Dadurch ist die Feuerrate nach oben begrenzt.
Die Entstehung des Spinocerebellums ist ebenfalls in der genannten Monografie ausführlich dargelegt. Besonderes Augenmerk wurde dort auf die Wechselwirkungen zwischen motorischen und sensorischen Signalen gelegt.
Jedoch sollten wir jetzt eine Analyse seiner analytischen Arbeitsweise durchführen und uns auf die Signalverarbeitung der motorischen Signale konzentrieren. Parallel zur Herausbildung des Spinocerebellums begann die Entwicklung der Doppelschichten im Cortex, der aus der obersten Etage des frühen Strickleiter-Nervensystems hervorging.
Im vorigen Kapitel wurde gezeigt, dass aus dem Doppelschichtaufbau des Cortex ein Doppelschichtaufbau des Nucleus olivaris abgeleitet werden kann. Wir betrachten beispielhaft die ipsilaterale Cortexhälfte.
Die untere Doppelschicht im ipsilateralen Cortex ist die evolutionär ältere. Sie weist den Körperseitenmarker der kontralateralen Seite auf, denn die Signale müssen absteigend und aufsteigend eine Signalkreuzung durchlaufen, deren Notwendigkeit sich aus dem Aufbau des Vestibularsinns ergibt. So gelangen sie auf die Gegenseite, wo der kontralaterale Körperseitenmarker vorherrscht.
Die obere ipsilaterale Doppelschicht ist der ipsilateralen Körperseite zuzuordnen, denn die aufsteigenden Signale der ipsilateralen Seite zogen über den Seitenwechselkern (Nucleus olivaris) zur kontralateralen Seite und von dort zum Cerebellum. Das kontralaterale Cerebellum projiziert wieder zum Cortex, wobei die Signale wieder die Seite wechseln und die ipsilaterale Seite erreichen. So erhält die cortikale Doppelschicht ein On-Signal der eigenen Körperhälfte und ein Off-Signal der kontralateralen Körperhälfte. Letzteres Off-Signal entsteht durch Signalinversion im Cerebellum aus den On-Signal.
Da jede Körperhälfte ihren eigenen Körperseitenmarker besitzt, der über die Projektionsaxone im System weitergegeben wird, treffen in der Doppelschicht in der unteren Schicht die kontralateralen Körpermarker ein und in der oberen die ipsilateralen Körpermarker.
Damit gibt es bereits in der cortikalen Doppelschicht von Inputneuronen die On-Off-Marker, der später über die Projektion zum Nucleus olivaris und zum Cerebellum weitergegeben wird und zur erkannten streifenartigen Verteilung in der Cerebellumrinde führt. Dies beschrieb ich ausführlich in der Monografie „Gehirntheorie des Menschen“ im Kapitel 17 „Die Doppelschichtentheorie nach Andreas Malczan“.
Im Verlauf der weiteren Evolution der Wirbeltiere kam es zur Entwicklung der Signaldivergenz. Wichtige Signale wurden für die Weiterleitung auf mehrere Outputneuronen verteilt, auf denen die Signalübertragung parallel erfolgte. Damit wurde die Datensicherheit verbessert. Einzelne Neuronen konnten absterben, ohne dass die Funktionsfähigkeit des Organismus gefährdet wurde.
Die Signaldivergenz trat in den Kernen auf, die evolutionär die jüngeren Neubildungen darstellten. Diese waren die zum Cerebellum gehörenden Substrukturen, da diese Neubildung erst kürzlich entwickelt wurde.
Wir unterstellen die Entstehung der Signaldivergenz im Nucleus olivaris. Er war der motorische Seitenwechselkern des Urhirns. In der folgenden Abbildung wird die schrittweise Entstehung der Signaldivergenz symbolisch dargestellt. Mit M1, M2, M3 und M4 sind die Muskelsignale eines (einfachen) Gelenks bezeichnet.
Vor der Signaldivergenz bestand der Nucleus olivaris aus einer Doppelschicht von Outputneuronen. Eine Schicht leitete die On-Signale der Beugemuskeln zum Cerebellum, die zweite Schicht war für die Off-Signale zuständig. Die Anordnung der zwei Neuronenarten in unterschiedlichen Schichten war eine Folge des Prinzips, verschiedene Modalitäten räumlich zu trennen. Diese Aufspaltung der Modalitäten wird (offenbar) von Markersubstanzen gesteuert, die für die topologische Ordnung zuständig sind.
Im Unterschied zu früheren Ansichten (siehe Gehirntheorie der Wirbeltiere) gehe ich davon aus, dass die Signaldivergenz im Nucleus olivaris senkrecht zur Oberfläche dieses Neuronenkerns erfolgte. Grund war die Annahme, die Dicke der Outputschicht wäre einfacher zu realisieren als ein Breitenwachstum, bei dem völlig unklar wäre, wie die Markersituation sich hier gestalten würde.
Wenn wir in der obigen Abbildung den On-Marker mit roter und den Off-Marker mit grüner Färbung andeuten, dann ergibt sich das folgende Bild.
Das Besondere ist, dass über die Outputaxone nicht nur die Outputsignale weitertransportiert werden, sondern ebenfalls die Markersubstanzen, so dass diese an die nachfolgenden Strukturen weitergegeben werden.
Die Outputsignale des On-Kanals sind invers zu den Signalen des Off-Kanals.
Je stärker das On-Signale eines Gelenks war, umso schwächer war das zugehörige Off-Signal. Die Signalstärken verhielten sich invers zueinander. Nur in der Mittellage des Gelenks waren beide Signalanteile gleich stark.
Nach der Signaldivergenz empfing jedes Outputneuron zwei Signalanteile: Das On-Signal und das Off-Signal. Je nachdem, wo sich ein Outputneuron im Nucleus olivaris befand, empfing es unterschiedlich starke On- und Off-Anteile von den zwei zugehörigen Inputneuronen. Dies lag einerseits daran, dass der Gelenkwinkel meist von der Mittellage abwich, andererseits gab es bei der Ausbreitung der Signalanteile eine Signaldämpfung, die mit der Entfernung exponentiell zunahm.
Mit zunehmender Entfernung eines Outputneurons zum On-Inputneuron nahm gleichzeitig die Entfernung zum Off-Inputneuron ab, so dass vom Inputsignal des On-Neurons weniger und vom Inputsignal des Off-Neurons mehr Signalstärke empfangen wurde. Die Überlagerung beider Signalanteile im Outputneuron ergab eine streng konvexe Funktion, die ein eindeutig bestimmtes Minimum aufwies. Die Lage des Minimums wird eindeutig vom Signalstärkeverhältnis der beiden Inputsignale bestimmt, also vom Verhältnis der Signalstärke des On-Signals zur Signalstärke des Off-Signals. Für die Extremwertberechnung muss man den Differentialquotienten der Überlagerungsfunktion auf Null setzen und nach den Parametern der Signalstärke auflösen.
Für die Herleitung der Formeln nutzen wir nachfolgende Abbildung.
Die Feuerate fOn eines On-Signals erreicht das obere Inputneuron des Nucleus olivaris (Axon Rot). Das zugehörige Off-Signal mit der Feuerrate fOff trifft in der unteren Schicht beim Inputneuron ein (Axon Grün).
Eingezeichnet ist ein willkürlich ausgewähltes Outputneuron (Rot). Dieses empfängt die Erregung des On-Signals, die jedoch den Weg d1 zurücklegen muss und dabei eine Signaldämpfung erfährt, da die Axone innerhalb des Nucleus olivaris zur grauen Substanz gehören und kein Myelin besitzen. Aus der Kabelgleichung für marklose Axone kann man ableiten, dass die Inputfeuerrate fOn mit zunehmendem Abstand d1 exponentiell gedämpft sein wird.
Gleiches gilt für die Inputfeuerrate fOff, bei der der Abstand d2 zu berücksichtigen ist.
Daher empfängt das Outputneuron (Rot) insgesamt folgende Erregung:
.
Hierbei ist λ die Längskonstante des Outputneurons.
Wir bedenken, dass die Feuerrate fOff durch Signalinversion aus der Feuerrate fOn hervorging, für welche das Inversionscerebellum zuständig ist. Die resultierende Feuerrate f ist eine strikt konvexe Funktion, da jede Teilsumme strikt konvex ist. Daher existiert im Definitionsbereich ein globales Minimum.
Hierbei sind fon, fOff und λ als Konstante aufzufassen, so dass nur die Größe d1 als Variable übrigbleibt.
Wir bestimmen das globale Minimum durch Berechnung der ersten Ableitung und anschließendes Nullsetzen.
.
Wir formen um.
Wir sehen, dass es nur auf den Quotienten der zwei Feuerraten ankommt.
Das globale Minimum im Punkt x wird angenommen, wenn die obige Gleichung erfüllt ist. Wie man leicht erkennt, ist x eine streng monoton steigende Funktion von q, wenn q größer wird, dann wird auch x größer. Der Wert λ ist eine Konstante des Outputneurons.
Was bedeutet dies für das Wirbeltier und seine Vorstellungen von seinem eigenen Körper?
Wenn der Beugemuskel kontrahiert, wird fOn größer, und das globale Minimum im Punkt x wandert in Richtung größerer x-Werte. Dort befindet sich ein Outputneuron, welches nunmehr die kleinste Feuerrate aufweist. Kontrahiert der Streckmuskel, so wandert das Minimum in Richtung kleinerer x-Werte, das dort befindliche Outputneuron feuert dann am wenigsten.
Der Ort, an dem ein Outputneuron am wenigsten feuert, verschlüsselt den Gelenkwinkel. Damit hat die Natur einen Weg gefunden, Gelenkwinkel auf eine Neuronenmenge abzubilden derart, dass das Erregungsminimum den Gelenkwinkel kodiert.
Diese Minimumcodierung wird später im Kleinhirnkern durch eine Signalinversion wieder in eine sinnvollere Maximumcodierung übertragen.
Wir können nach den bisherigen Ausführungen folgendes zusammenfassen:
Im Nucleus olivaris findet für die motorischen Muskelsignale eine Minimumcodierung der Gelenkwinkel statt. Diese wird im Kleinhirnkern in eine Maximumcodierung transformiert.
Doch das Spinocerebellum konnte die Gelenkwinkelanalyse beträchtlich verbessern. Dabei half ihm die Nutzung der Markertopologie.
Aus dem Doppelschichtaufbau des Nucleus olivaris geht im Zusammenhang mit der einsetzenden Signaldivergenz die Streifenbildung des Cerebellums hinsichtlich spezieller Markersubstanzen hervor. Wir verwenden noch einmal die letzte Abbildung des vorigen Kapitels, um uns die Situation im Cerebellum zu vergegenwärtigen, wobei wir sie geringfügig modifiziert haben. Mit Rot ist die Markerkonzentration zum On-Marker gekennzeichnet, mit Grün die des Off-Markers. Die jeweilige Markerkonzentration wird über die Axone vom Nucleus olivaris ins Cerebellum übertragen.
Dargestellt ist in der oberen Abbildung, wie die On-Signale von 4 Muskeln im Nucleus olivaris eintreffen. Zu jedem Muskel gibt es ein On-Signal (grün) und ein Off-Signal.
Da das Off-Signal immer das Muskelsignal des motorischen Gegenspielers darstellt, können wir die Darstellung auch so interpretieren, dass die Signale von 4 einfachen Gelenken im Nucleus olivaris eintreffen. Der Beugemuskel liefert das On-Signal, während der Streckmuskel des gleichen Gelenks das Off-Signal liefert. Beide Signalstärken verhalten sich invers zueinander, dies abzusichern war einst die ursprüngliche Aufgabe des Spinocerebellums, daher bezeichnen wir diesen frühen Teil des Spinocerebellums als Inversionscerebellum. Erst mit der Herausbildung der Signaldivergenz im Nucleus olivaris ging das Inversionscerebellum ins Spinocerebellum über.
Durch Signaldivergenz in Nucleus olivaris werden die Signale eines jeden Muskelpaares eines Gelenks auf die Outputneuronen einer vertikalen Säule übertragen. Diese besteht in der Abbildung aus jeweils 6 Outputneuronen. Die Axone dieser 6 zusammengehörigen Outputneuronen bilden eine Art Band, ähnlich wie ein neuronales Flachbandkabel. Die räumliche Anordnung der Axone in diesem neuronalen Flachbandkabel wird durch die Konzentration der On-Off-Markersubstanzen bewirkt, die über die Axone weitergegeben werden, wobei mit zunehmender Entfernung die Markerkonzentration abnimmt.
Der Nucleus olivaris projiziert in die Kletterfasern des Cerebellums. In unserem Fall liegen pro Gelenk 6 Kletterfasern vor.
Das neuronale Flachbandkabel der Kletterfasern überträgt die Signale ins Cerebellum, wobei dort (in unserem Beispiel) sechs Ketten von hintereinander geschalteten Purkinjezellen kontaktiert werden. In jeder Kette befinden sich in unserem Beispiel 6 Purkinjezellen, die den gleichen Input von ihrer Kletterfaser empfangen (Ansicht von oben!).
In früher Urzeit gab es pro Kletterfaser nur eine Purkinjezelle, dies war zu der Zeit, als es noch keine Signaldivergenz im Nucleus olivaris gab. Damals trafen das On-Signal und das Off-Signal vom Nucleus olivaris im Cerebellum ein und kontaktierten je genau eine Purkinjezelle. So gab es eine On-Purkinjezelle und eine Off-Purkinjezelle für jedes einfache Gelenk.
Mit zunehmender Signaldivergenz im Nucleus olivaris erhöhte sich nicht nur die Anzahl der Outputneuronen im Nucleus olivaris und damit auch die Anzahl der Kletterfasern pro Gelenk. Auch die Anzahl der Purkinjezellen, die von der gleichen Kletterfaser kontaktiert wurden, nahm ebenfalls zu. Prinzipiell waren beide Anzahlen gleich. Entstanden aus den On-Off-Signalen im Nucleus olivaris beispielsweise 6 Kletterfasern pro Gelenk (wie in der Abbildung), so gab es pro Kletterfaser auch 6 Purkinjezellen, die von dieser Kletterfaser erregt wurden. Es gibt viele Gründe, die dafürsprechen.
Jedes Rechteck, in dem alle Purkinjezellen ohne Ausnahme den Input eines einfachen Gelenks empfangen, werden wir in dieser Monografie als Elementarmatrix bezeichnen. Der Grund liegt darin, dass der Input vom gleichen Elementarsignal abstammt, aus dessen On- und Off-Variante sich durch Signaldivergenz der Input der Kletterfasern dieser Elementarmatrix ergibt. Anstelle eines (dualen On-Off) Gelenksignals kann jedes andere Elementarsignal ebenso eine derartige Elementarmatrix bilden (visuelle Signale, akustische Signale, Tastsignale, …). Es muss nur in seiner dualen Form als On-Off-Signal vorliegen. Wichtig ist, dass die Anzahl der Kletterfasern in jeder Elementarmatrix mit der Anzahl der Purkinjezellen identisch ist, die bei jeder Kletterfaser vorhanden sind. (Ein Verstoß gegen diese Regel ist möglich und führt zu ähnlichen Ergebnissen!)
In der obigen Abbildung besteht jede Elementarmatrix aus 36 Purkinjezellen und 6 Kletterfasern.
Für den späteren Gebrauch treffen wir eine Sprachregelung zur Elementarmatrix. Die Spalten der Matrix werden wir auch als Kletterfaserspalten bezeichnen, da alle in ihr angeordneten Purkinjezellen den Input von genau einer Kletterfaser erhalten.
Die Zeilen der Elementarmatrix werden wir als Moosfaserzeilen bezeichnen, da alle Purkinjezellen in einer Zeile identischen Input von genau von einer Population von Moosfasern mit der gleichen On-Off-Markerkonstallation empfangen.
36 Purkinjezellen einer Elementarmatrix bilden 36 Outputaxone, die zum zuständigen Kleinhirnkern ziehen und dort 36 Outputneuronen hemmen, die ihrerseits von Mittelwertsignalen der Formatio reticularis (und später von anderen Signalen) erregt werden. Dadurch findet eine Signalinversion statt. Jedes der 36 Purkinjesignale einer Elementarmatrix wird im Kleinhirnkern invertiert. Somit erzeugt jede der 4 oben dargestellte Elementarmatrizen 36 Outputsignale des Cerebellums, die zum Cortex ziehen, wobei sie auf diesem Weg die Signalkreuzung im Gehirn durchlaufen müssen.
Typisch für jede einzelne Kletterfaser sowie ist, dass sie sich auf ihrem Weg immer nach der ihr zugeordnete Markerkonzentration richtet. Sie weicht nicht vom Weg ab, sondern folgt einfach der Richtung, in der die Markerkonzentration konstant den Wert hat, der bereits beim Outputneuron im Nucleus olivaris vorlag. Gleiches gilt für die Axone, welche die Signalzufuhr zu den Kletterfasern übernehmen. Dies ist wichtig für die Organisation der Topologie im Cerebellum. Die Topologie ist markergesteuert.
In der obigen Abbildung fehlen noch die Parallelfasern, die im Cerebellum ebenfalls dem Signaltransport dienen. Wir sollten nun abklären, woher ihr Input stammt.
Bekanntlich projizieren alle Purkinjezellen zum zugehörigen Kleinhirnkern, je nach Signalart in unterschiedliche, denn es gibt insgesamt vier Kleinhirnkerne. Wir wollen hier nicht entscheiden, welcher Kleinhirnkern zuständig ist, denn es geht uns nur um das Prinzip.
Jede der oben dargestellten 144 Purkinjezellen (6 Reihen mal 6 Spalten mal 4 Blöcke) möge in den gleichen Kleinhirnkern projizieren, wofür ebenfalls 144 Outputneuronen nötig sind. Bekanntlich wird in den Outputneuronen des Cerebellumkerns das Purkinjesignal verwendet, um eine vorhandene Dauererregung zu hemmen. Der Output wird im Spinocerebellum (prinzipiell) invertiert, die Signalstärke wird umgekehrt.
Wir bedenken, dass die Signale auf jedem einzelnen neuronalen Flachbandkabel vom Nucleus olivaris zum Cerebellum minimumcodiert sind. Je nach der Stärke der Zugspannung des Muskels befindet sich ein Erregungsminimum auf einem der beteiligten Axone. Denn die Signaldivergenz im Nucleus olivaris führt zu einer Minimumcodierung der beteiligten Urgröße, hier des Gelenkwinkels. Grund ist die exponentielle Dämpfung der Signalstärke bei ihrer Ausbreitung entlang eines Axons.
Der Output einer jeden Elementarmatrix des Spinocerebellums zieht auf Axonen zum Cortex (Frontalcortex), wobei er einige Zwischenstationen in den Neuronenkernen durchlaufen muss. Hierbei wird es aus Platzmangel erforderlich sein, dass die neuronalen Flachbandkabel der verschiedenen Elementarmatrizen sich annähern und so Stapel bilden. Wir postulieren, dass diese Stapel von Kabeln (Axonen) sich topologisch so organisieren, dass ein quasistetiger Verlauf der beteiligten Marker gesichert wird. In unsere Abbildung besteht ein Flachbandkabel aus 6 Axonen, die nach Markerkonzentration (anschaulich dargestellt durch die Farben) geordnet sind. Wenn nun unsere 4 Elementarmatrizen ihre Signale über einem Stapel aus vier Flachbandkabeln zum Cortex senden, mögen sie einen Stapel bilden, bei dem die Axone nach Markerkonzentrationen (bei uns nach Farben) sortiert sind (anschaulich: gleiche Farben liegen übereinander im Stapel).
Nach einem Seitenwechsel kommen diese Cerebellumsignale im Cortex auf der sensorischen Seite an und wechseln mit Hilfe der Neuronen der Klasse 3 zur motorischen Seite und kontaktieren dort Neuronen der Klasse 5. Diese projizieren nach einem erneuten Seitenwechsel absteigend zum Nucleus ruber, wo im magnocellularen Teil dieses Kerns die Signaldivergenz des Nucleus olivaris rückgängig gemacht wird, so dass dort wieder pro Gelenk zwei Signale wiederhergestellt werden, die an die motorischen Zielmuskeln weitergeleitet werden. Die Rückgängigmachung der Signaldivergenz im Nucleus ruber erfordert eine Signalkonvergenz. Viele Axone konvergieren auf jeweils ein Outputneuron. So entsteht im Nucleus ruber ein Gebiet mit größeren Neuronen, deren Dendritenbäume recht groß sein müssen, um die Signale der vielen Axone für die Signalkonvergenz zusammenzufassen. Dieser magnocellulare Teil des Nucleus ruber ist Neurologen recht früh aufgefallen.
Im Verlauf der Evolution bildete sich eine weitere Signalprojektion aus. Die Signale des Cortex zogen auf Axonen zu den Brückenkernen und von dort zum Cerebellum, in Richtung des ursprünglichen Ausgangsortes. Auf dieser Signalprojektion beruht das Moosfasersystem. Die Moosfasern leiten den über die Brückenkerne kommenden Input an das Cerebellum weiter. Hierbei müssen sie die Signalkreuzung des Gehirns durchlaufen und die Körperseite wechseln. Dieser Seitenwechsel ist in der folgenden Abbildung nur symbolische angedeutet.
In unserer Abbildung würden 144 Moosfasern im Cerebellum eintreffen. Von jeder Elementarmatrix wären es genau 36 Moosfasern.
Wir nehmen nun an, die Moosfasern erreichen uns in der obigen Abbildung von links. Wir hatten vorausgesetzt, dass die neuronalen Flachbandkabel der verschiedenen Elementarmatrizen sich stapelweise anordnen und die Topologie der Markerkonzentration beachten. Hierbei verläuft jedes Flachbandkabel aus Axonen genau bis zu dem Rechteck, in dem sich die ihm zugeordnete Elementarmatrix aus Purkinjezellen befindet. Dies ist sein ursprünglicher Herkunftsort. Jedes Axon der Moosfaser, egal welcher Markerkonzentration, findet den Weg zu der Elementarmatrix, von der es ursprünglich im Cerebellum abstammt.
So erhält das Spinocerebellum über die Moosfasern seinen eigenen Output wieder, dessen Weg über den Kleinhirnkern, den Thalamus, den Cortex und die Brückenkerne führte (einige weitere Kerne werden ebenfalls durchlaufen, etwa der Torus semicircularis oder das Tectum opticum).
Hierbei findet jedes Moosfasersignal seinen Weg zu genau der Elementarmatrix, von der es abstammt. Wir unterstellen hier eine Steuerung durch weitere Markersubstanzen, die wir Organmarker nennen könnten, wenn wir jedes Gelenk als separates Organ auffassen. Jede Elementarmatrix erhält ihren eigenen Output als Input zurück.
Doch die Signale der Moosfasern übernehmen die Markertopologie von den ursprünglichen Purkinjezellen, von denen sie abgeleitet wurden. Daher bilden die Moosfasern zu einer Elementarmatrix ebenfalls ein neuronales Flachbandkabel, welches die gleiche Markertopologie aufweist wie die Purkinjeaxone. Die zugehörigen Signale der zu einer Elementarmatrix gehörenden Moosfasern sind jedoch im Gegensatz zu den Kletterfasern maximumcodiert, eine Moosfaser in jedem neuronalen Flachbandkabel ist am stärksten erregt.
Da die Moosfasern orthogonal zu den Kletterfasern verlaufen und eine eigene Markertopologie besitzen, muss es zwischen den Datenkabeln der Kletterfasern und den der Moosfasern eine Art Sperre für die beteiligten Markerstoffe geben, die eine Diffusion der Markermoleküle erschwert.
Die ursprüngliche Minimumcodierung der Kletterfasern wurde im Kleinhirnkern invertiert und deshalb maximumcodiert, diese wurde über die cortikale Projektion und die Projektion über die Brückenkerne an die Moosfasern weitergereicht.
Wir zeichnen nun die Moosfasersignale in eine neue Abbildung, die jedoch (aus Platzgründen) nur eine Elementarmatrix des Cerebellums aufweist. Wir unterstellen, dass es sich um die Signale eines Gelenks handelt.
In der folgenden Abbildung haben wir eine zeichnerische Vereinfachung vorgenommen. Wie man sieht, enthält die Elementarmatrix in unserer Abbildung insgesamt 36 Purkinjezellen, dargestellt als kleine blaue Kreise. Jede einzelne von ihnen bildet ein eigenes Axon aus, welches zum Kleinhirnkern zieht und dort ein eigenes Outputaxon hemmt, so dass es zu einer Signalinversion kommt. Nun wäre es zeichnerisch sehr schwierig, 36 Axone mit diesem Verhalten darzustellen. Daher fassen wir je 6 Axone in einer Linie zusammen, bedenken aber, dass es in Wirklichkeit 6 sind und nicht nur eines. Auch die Signalinversion im Kleinhirnkern ist nur mit 6 statt 36 Neuronen dargestellt, ebenso führen 36 Outputaxone vom Kleinhirnkern zum Cortex und von dort zurück in die Elementarmatrix, wo sie als 36 Moosfasern eintreffen. Zur Erinnerung daran ist die Zahl 36 in den verschiedenen Stationen der Abbildung eingetragen. Der Leser möge dies berücksichtigen.
Dennoch muss hier darauf hingewiesen werden, dass in unserer Abbildung die 36 Axone und Moosfasern hinsichtlich des On-Off-Markers nur in 6 Gruppen eingeteilt werden können, denn genau so viele verschiedene On-Off-Markerverhältnisse gibt es im Nucleus olivaris, sie sind durch unterschiedliche Farben von Rot bis Grün dargestellt.
Nachfolgend ist eine vollständigere Variante der obigen Abbildung zu sehen. Hier musste die Anzahl der Divergenzneuronen im Nucleus olivaris aus 4 vermindert werden, ebenso die Anzahl der Purkinjezellen auf 4 mal 4, also 16 pro Elementarmatrix. Sonst wäre die Schaltung völlig unübersichtlich geworden.
Es sind jedoch alle 16 Axone dargestellt sind, die zu der Elementarmatrix gehören. Man erkennt sofort, dass dieses Schaltbild wesentlich komplizierter ist, obwohl das Schaltungsprinzip des Spinocerebellums vollständig dargestellt ist.
Nicht eingezeichnet sind die Signalwege der 16 Cerebellumsignale ins Basalgangliensystem und in das limbische System, da die Schaltung dann völlig unübersichtlich werden würde.
Das Spinocerebellum empfängt in jeder Elementarmatrix den extremwertcodierten Output zu einem On-Off-Signalpaar, dessen Signalstärke durch Signaldivergenz in einen extremwertcodierten Signalvektor transformiert wurde. Während die Kletterfasern diesen Signalvektor in der minimumcodierten Variante empfangen, empfangen die Moosfasern diesen Signalvektor in seiner maximumcodierten Version, weil er im Kleinhirnkern invertiert wird.
Allgemein bekannt ist inzwischen, dass die Kletterfasern orthogonal zu den Moosfasern und auch zu den Parallelfasern verlaufen. Dies ist das evolutionäre Erbe aus der Frühzeit der Cerebellumbildung.
Ursprünglich standen beide Körperhälften in neuronaler Konkurrenz zueinander. Jeder Nucleus ruber projizierte über den Seitenwechselkern (Nucleus olivaris) erregend in den Nucleus ruber der kontralateralen Körperseite in hemmende Interneuronen.
Die verwendeten Projektionsaxone bildeten mit der Körperachse einen rechten Winkel. Sowohl die Inputaxone als auch die Outputaxone des Nucleus olivaris (des Seitenwechselkerns) verliefen orthogonal zur Körperachse. Dies blieb auch so, als sich die hemmenden Interneuronen des kontralateralen Nucleus ruber zu einem eigenständigen Kern absonderten, der sich später als Nucleus Purkinje zur Cerebellumrinde weiterentwickelte. Die vom Cortex (nach einem Seitenwechsel) in Richtung Rumpf vertikal absteigenden Signale kamen von oben kommend und nach unten strebend am Cerebellum vorbei, wo sie mit den Purkinjezellen in räumlichen Kontakt kamen. Hier verliefen die Kletterfasern von der Olive orthogonal zu den absteigenden Cortexsignalen. Kletterfasern und Moosfasern verlaufen seit Urzeiten orthogonal zueinander. Die aus den Moosfasern abgeleiteten Parallelfasern übernahmen diese Orthogonalität, die wir noch heute beobachten können.
Die Orthogonalität dieser beiden Fasersysteme war eine wesentliche Voraussetzung für die Entstehung von intelligentem Verhalten und später für die geistige Intelligenz. Dies wird in diesem Kapitel erläutert und später präzisiert.
Die Frage, wie das Cerebellum eigentlich arbeitet, welche Signale es wie verarbeitet, und vor allem warum es dies auf diese Weise tut, treibt seit langer Zeit viele Hirnforscher um. Für das Vestibulocerebellum habe ich diese Frage bereits beantwortet in meiner Monografie „Gehirntheorie der Wirbeltiere“ im Kapitel „3.11 Die Entstehung des Vestibulocerebellums zur Inversion minimumcodierter vestibulärer Signale des Neovestibularsinnes“, im Internet erreichbar unter dem Link https://www.andreas-malczan.de/Gehirntheorie_3_11.html. Dort wird ausgeführt, dass die minimumcodierten Outputsignale des Neovestibularsinns vom Vestibulocerebellum in maximumcodierte Signale überführt werden, da nur diese eine motorische Ansteuerung zur Lagekorrektur bewirken können.
Für das Spinocerebellum soll diese Frage nach seiner Arbeitsweise in diesem Kapitel beantwortet werden.
Hierbei tun wir etwas, was bei vielen verpönt ist: Wir beginnen beim Urschleim!
Wir versetzen uns viele Jahrmillionen zurück in die Urzeit der Wirbeltierentwicklung, als das Vestibulocerebellum begann, auch cortikalen Output zu invertieren. Derjenige Cerebellumteil, der sich ausschließlich auf motorische und andere (nichtvestibuläre) Signale spezialisierte, wurde zum Spinocerebellum. Bei motorischen Signalen konnte durch Signalinversion das Steuersignal für den motorischen Gegenspieler gewonnen werden. Beschrieben im Kapitel „3.12 Die Entstehung des urtümlichen Spinocerebellums“ des gleichen Buches oder unter dem Link https://www.andreas-malczan.de/Gehirntheorie_3_12.html.
Als sich eine Moosfaserprojektion ins Spinocerebellum etablierte, konnten die Cortexsignale der Moosfasern mit den Signalen der Kletterfasern in Verbindung treten und aufeinander einwirken. Weiter oben, vor allem in der Abbildung, wurde deutlich gemacht, dass es prinzipiell die gleichen Signale sind, die sowohl über die Moosfasern als auch über die Kletterfasern das Spinocerebellum erreichen. Dies ist eine extrem wichtige Einsicht, die uns der Lösung aller Fragen zum Spinocerebellum näherbringt. Vor allem, wenn wir beim Urschleim anfangen!
Wir gehen zurück zur Anfangszeit, als die Moosfasern und die Kletterfasern erstmalig Kontakte aufbauten. Die Purkinjezellen existierten bereits und empfingen den Kletterfaserinput. Sie hatten nur synaptischen Kontakt zur Kletterfaser, es gab keine großen Dendritenbäume. Nun gehen wir in der Zeitachse etwas weiter zu der Zeit, als sich die Signaldivergenz im Nucleus olivaris entwickelte. Die Dendritenbäume der Purkinjezellen begannen sich auszubilden, zunächst recht klein und rundlich. So kamen sie in die Nähe der durch dieses Gebiet ziehenden Moosfasern. Wenn im Nucleus olivaris aus einem On-Off-Signalpaar n abgeleitete Signale durch Signaldivergenz entstanden, und jede daraus hervorgehende Kletterfaser im Cerebellum wieder n Purkinjezellen kontaktierte, so gab es n² Purkinjezellen. Die Zahl der Purkinjezellen wuchs quadratisch mit dem Grad der Signaldivergenz. So wuchs auch die Anzahl der Moosfasern quadratisch mit dem Grad der Signaldivergenz. Daher mussten die Dendritenbäume der Purkinjezellen mitwachsen, größer werden und letztlich extrem groß werden.
Der synaptische Kontakt wurde durch Körnerzellen hergestellt. Diese fassen wir als Interneuronen des Cerebellums auf.
Das Prinzip war recht simpel:
Jedes Moosfasersignal hemmte die von seinem Axon erreichbaren Purkinjezellen, wenn das Moosfasersignal nicht identisch mit dem Signal der Purkinjezelle war. Neuronal ganz simpel: „Hemme alle Fremdsignale“.
Nun müssen wir nur noch klären, was im Cerebellum Fremdsignale sind.
Hier gilt das Prinzip der Signalverwandschaft. Dies gilt sowohl für On-Off-Signale, die durch Signalinversion auseinander hervorgehen. Sie sind signalverwandt. Ebenfalls signalverwandt sind alle Signale, die durch Signaldivergenz auseinander hervorgehen. Damit sind alle Signale in einem neuronalen Datenkabel des Nucleus olivaris untereinander signalverwandt, wenn sie durch Signaldivergenz entstehen.
Nun wenden wir uns wieder dem Spinocerebellum zu und dessen Aufbau aus Elementarmatrizen. Dann gilt, dass alle Signale einer Elementarmatrix untereinander signalverwandt sind. Daher werden sie (auf diesem Stand der Evolution) keine Kontakte miteinander bilden. Die Purkinjezellen werden mit Moosfasern, deren Signale aus dieser Elementarmatrix stammen, keinerlei synaptische Kontakte eingehen. Dies gilt vor allem in der Frühphase des Cerebellums, in viel späterer Evolutionszeit wurde diese Regel modifiziert, weil die Inputsignale einer Modifikation unterzogen wurden (Übergang zu Mittelwertsignalen).
Dies heißt, dass Moosfasersignale, die zu einer Elementarmatrix gehören, die Purkinjezellen dieser Matrix weder erregen noch hemmen, da sie untereinander signalverwandt sind.
Doch was passiert, wenn die Moosfasersignale von einer benachbarten Elementarmatrix stammen? Hier tritt die neuronale Konkurrenz zutage. Die Purkinjezellen einer Elementarmatrix werden von allen sie erreichenden Moosfasern gehemmt, wenn diese Signale aus einer fremden (benachbarten) Elementarmatrix eintreffen.
Damit die Purkinjezellen einer Elementarmatrix die Moosfasersignale einer benachbarten Elementarmatrix empfangen können, müssen Interneuronen diese Signalweitergabe ermöglichen. Diese Interneuronen waren die Körnerzellen. Wenn eine Körnerzelle jedoch die Aufgabe wahrnehmen will, die Purkinjezellen der Nachbarmatrix zu hemmen, mussten sie ihre Axone zu den Nachbarmatrizen hinüberwachsen lassen. Und weil das Körnerzellensignal gegenüber beiden Nachbarmatrizen ein Fremdsignal war, mussten die Axone sowohl nach links als auch nach rechts wachsen und dabei eine beträchtliche Länge entwickeln. Daher ergab sich (im Verlauf der Evolution) die typische T-förmige Gestalt der Axone der Körnerzellen, die als Parallelfasern bezeichnet werden. Sie übertrugen die Fremdsignale zu den benachbarten Elementarmatrizen. Fremdsignale hemmen die Purkinjezellen. Dies ist das Signalprinzip des Cerebellums. Da die Moosfasern beträchtliche neuronale Datenkabel bildeten, die zudem auch übereinandergestapelt wurden, mussten die Axone der Körnerzellen zunächst senkrecht nach oben aufsteigen, bis die diese Stapel von Datenkabeln aus Moosfasern durchquert hatten, erst dann konnten sie sich T-förmig nach links und rechts verzweigen. Wir bezeichnen diese Axone als Parallelfasern. Nicht vergessen werden sollten auch die Datenkabel der Outputsignale, deren Signalanzahl ebenfalls quadratisch mit dem Grad der Signaldivergenz anwuchs.
Damit die Parallelfasern der Körperzellen die Purkinjezellen hemmen konnten, mussten sie die Hilfe von Interneuronen in Anspruch nehmen, die als Sternzellen bezeichnet werden. Die Parallelfasern der Fremdmatrizen erregten diese Sternzellen. Die Sternzellen hemmten die Purkinjezellen. So hemmte eine Elementarmatrix ihre Nachbarn.
Mit diesen Erkenntnissen lässt sich die Funktionsweise des Spinocerebellums prinzipiell gut erklären, vor allem aber zeigen, welche ungeheuren Vorteile dieses Spinocerebellum im Kampf ums Dasein ermöglichte.
Diese Erklärung wird nun geliefert. Als Autor, der diese Theorie des Cerebellums entwickelte, beanspruche ich dafür die Urheberrechte.
Wir konzentrieren uns auf die Motorik. Anfangs, in sehr früher Urzeit, schwammen die Tiere im Urozean. Trafen sie zufällig auf Futter, dann fraßen sie es auf. Eine zielgerichtete Bewegung auf das Futter war ein evolutionärer Vorteil.
Wir wollen den Nachweis führen, dass das Spinocerebellum bereits sehr früh bei der Futtersuche behilflich war, weil es eine zielgerichtete Analyse der Motorik erleichterte.
Wir stellen uns ein einfaches Wirbelgelenk vor. Es ermöglicht eine (leichte) Krümmung der Wirbelsäule in jede beliebige Richtung. Wenn ein Fisch in früher Evolutionszeit die Krümmung seiner Wirbelsäule mit Hilfe visueller Beutesignale so steuern konnte, dass eine Vorwärtsbewegung ihn direkt zur Beute führte, besaß er einen großen evolutionären Vorteil bei der aktiven Verfolgung seiner Beutetiere. Doch dazu musste er in der Lage sein, festzustellen, welche Winkel von seinen Gelenken gebildet wurden. Er brauchte eine „Vorstellung“ von seinem Körper, eine umfassende Information über sich selbst. Dies ermöglichte das Spinocerebellum durch eine umfassende Signalanalyse.
Die Beweglichkeit der Wirbelsäule wird durch Facettengelenke ermöglicht.
Wir stellen uns ein Gelenk mit zwei Freiheitsgraden vor. Es soll die Bewegung in zwei Ebenen ermöglichen, die senkrecht aufeinander stehen. In der einen Ebene möge der Winkel α die Abweichung von der Mittellage bezeichnen, in der anderen Ebene sei es der Winkel β.
Bei einem Fisch könnte der Winkel α die Abweichung von der Körperachse in vertikaler Richtung angeben (Kopf heben oder senken), während β die Abweichung in der Horizontalen bestimmt (Kopf nach links oder rechts bewegen)
Wir stellen uns das Tectum opticum des Fisches auf der sensorischen Seite als eine kreisförmige Fläche von Neuronen vor, die Input von der ebenfalls kreisförmigen Netzhaut empfangen. Dort ist das Abbild eines kleinen Beutefisches zu sehen. Befindet er sich vorn, dann liegt sein Abbild in der Mitte des Tectums, anderenfalls außerhalb der Mitte, wobei die Winkel α und β die Abweichung von der Mitte bestimmen.
Der Fisch wird auf die Beute zuschwimmen, wenn die Wirbelsäule eine Krümmung mit genau diesen Winkel α und β aufweist, so dass eine Vorwärtsbewegung zum Ziel führt.
Wie kann das Spinocerebellum diese Winkel ermitteln?
Zurück zum Wirbelgelenk. Es möge (vereinfacht) von vier Muskeln (später von 4 Muskelgruppen) angesteuert werden. Die ersten zwei Muskel verändern durch Kontraktion den Gelenkwinkel α. Die anderen zwei Muskel bewirken eine Veränderung des Winkels β. Jeweils ein Muskel ist der Beugemuskel, der andere der Streckmuskel.
Insgesamt gibt es vier Muskelsignale mit den zugehörigen Feuerraten: fα, fα*, fβ und fβ*. Mit dem Stern sind die Feuerraten der Streckmuskel gemeint, die sich beispielsweise durch Signalinversion im Spinocerebellum (genauer Inversionscerebellum) ergeben. Somit bilden jeweils zwei Feuerraten ein On-Off-Signalpaar, eines für der Winkel α und eines für den Winkel β.
Die On-Off-Signale des Gelenkwinkels α mögen den Nucleus olivaris erreichen und dort durch Signaldivergenz auf ein minimumcodiertes neuronales Datenkabel transformiert werden, welches im Spinocerebellum über n Kletterfasern die Elementarmatrix A erreicht. Jede Kletterfaser kontaktiert n Purkinjezellen der Elementarmatrix A, so dass insgesamt n² Purkinjezellen benötigt werden. Der Output dieser n² Purkinjezellen zieht über einen Stapel aus n neuronalen Datenkabeln zum Kleinhirnkern. Dieser Cerebellumoutput wird im Kleinhirnkern invertiert und deshalb maximumcodiert. Er zieht zum Cortex, von dort über die Brückenkerne zurück und erreicht als über einen Stapel von n maximumcodierten Datenkabel die Moosfasern der gleichen Elementarmatrix. Die Moosfasern ordnen sich im Cerebellum wieder nach ihren On-Off-Markerverhältnis.
Für den Gelenkwinkel β passiert das gleiche, jedoch enden die Datenkabel in einer benachbarten Elementarmatrix B des Cerebellums.
Da die signalliefernden Muskelspindeln des betrachteten Gelenkes räumlich eng benachbart sind (sie gehören z. B. zum gleichen Körpersegment), werden die On-Off-Signale des Winkels β nach der Signalinversion im Nucleus olivaris das Cerebellum in der Elementarmatrix B erreichen. Diese ist die rechte Nachbarmatrix der Matrix A. Damit sind beide Elementarmatrizen direkt benachbart und können über ihre Moosfasern mit Hilfe der Körnerzellen und deren Parallelfasern ihre Signale austauschen.
Nach unseren Überlegungen wird die Matrix A über die Parallelfasern die Matrix B hemmen, ebenso hemmt die Matrix B die Matrix A.
In beiden Fällen sind die Kletterfasern in Matrix A und auch in Matrix B minimumcodiert, da die zuführenden neuronalen Datenkabel für jeden der zwei Gelenkwinkel ebenfalls minimumcodiert sind.
Die Parallelfasern sind maximumcodiert. Die eigenen Parallelfasern haben in der Elementarmatrix A bzw. B keine Wirkung. Die fremden Parallelfasern aus der Nachbarmatrix hemmen jedoch die Purkinjezellen.
Nun ist noch zu beachten, dass nicht jede Parallelfaser der Nachbarmatrix die Purkinjezellen einer Matrix hemmen kann. Denn die Axone der Moosfasern bilden ein topologisch wohlsortiertes Flachbandkabel, in dem es orthogonal zur Datenrichtung ein On-Off-Mischungsverhältnis der Marker gibt, welches von den On- und Off-Markern im Nucleus olivaris hervorgerufen wird. Daher kontaktiert eine Parallelfaser in der Elementarmatrix nur Purkinjezellen einer Zeile, da die Moosfaser an das On-Off-Markerverhältnis gebunden ist. Die Axone mit den Fremdsignalen der Nachbarmatrix können innerhalb des zugehörigen Datenkabels ihre horizontale Position nicht verlassen. So kontaktiert eine Moosfaser über ihre Körnerzellen nur die Purkinjezellen ihrer Zeile.
Wir diskutieren nun die Überlagerung der neuronalen Erregungen der Kletterfasern und der Moosfasern (Parallelfasern) in einer Elementarmatrix des Cerebellums. Dazu verwenden wir einen Ausschnitt aus den bisherigen Abbildungen.
Zuerst schauen wir uns den Erregungsbeitrag an, den die Kletterfasern den Purkinjezellen zuführen. Er ist in y-Richtung (hier vertikal) konstant, besitzt jedoch in x-Richtung (horizontal) ein Minimum, dessen Lage xmin den Gelenkwinkel α verschlüsselt. Wir stellen dies beispielhaft als Grafik dar.
Man erkennt, dass in dem obigen Beispiel die Kletterfaser Nr. 5 den geringstem Erregungsbeitrag liefert, denn für x = 5 liegt ein globales Minimum vor. Dies gilt für alle Werte y.
Wir definieren eine neue Klasse von Funktionen. Es sei f(x) eine Funktion der Veränderlichen x. Dann bezeichnen wir die Funktion
als triviale Fortsetzung der Funktion in Richtung y.
Dann können wir bezüglich der Kletterfasern folgendes formulieren:
Die Kletterfasern realisieren mit ihren Axonen die triviale Fortsetzung der Kletterfasererregung in Richtung der Kletterfasern.
Jede Kletterfaser transportiert ihre eigene Erregung in die Richtung, in die sie sich ausbreitet:
.
Das globale Minimum xmin wird in der trivialen Fortsetzung in y-Richtung weitergegeben.
Die Parallelfasern verlaufen in x-Richtung. In x-Richtung sind die Funktionswerte für jeden Wert von y konstant. In y-Richtung weist die Erregung der Parallelfasern ein Maximum ymax auf. Da die Parallelfasern die Erregung der benachbarten Elementarmatrix (hier von rechts) übertragen, sind sie als Fremdsignale hemmend. Sie erregen Sternzellen, die wiederum die Purkinjezellen der Elementarmatrix hemmen.
Die Moosfasern mit den angeschlossenen Körnerzellen realisieren mit ihren Axonen, den Parallelfasern, die triviale Fortsetzung der Moosfasererregung Parallelfaserrichtung.
Die stärkste Hemmungswirkung tritt dort auf, wo die Parallelfasern die größte Erregung, also ein Erregungsmaximum, besitzen.
Die Überlagerung der Kletterfasererregung und der Parallelfaserhemmung führt zu einer zweidimensionalen Erregungsfunktion in der Fläche der Elementarmatrix, die genau ein globales Minimum im Punkt P(xmax, ymax).
Da die eine Erregungskomponente der Kletterfasern eine triviale Fortsetzung in x-Richtung darstellt gemäß der Formel
,
während die Parallelfasererregung eine triviale Fortsetzung in y-Richtung ist gemäß der Formel
,
ergibt die Überlagerung der erregenden Kletterfasersignale mit den hemmenden Parallelfasersignalen der Nachbarmatrix die Summe
.
Diese Gesamterregung der Purkinjezellen ist eine Funktion von x und y. Doch wir haben hier eine Trennung der Variablen. Dies führt dazu, dass der globale Extremwert (falls es ihn gibt) mit den Extremwerten der zwei Ausgangsfunktionen identisch ist. Die x-Koordinate des globalen Minimums ist identisch mit der x-Koordinate der Kletterfasererregung, die y-Koordinate des Minimums ist identisch mit der Parallelfasererregung. Dies wird verursacht, weil die Ableitung von Null die Zahl Null ergibt. Je eine Koordinate weist den Funktionswert Null auf.
Damit verschlüsselt das globale Erregungsminimum in der Elementarmatrix die zwei Gelenkwinkel α und β. Die zum Punkt P(xmax, ymax) gehörende Purkinjezelle (bzw. diejenige, die diesem Punkt am nächsten kommt), codiert die Größen dieser zwei Gelenkwinkel des Drehgelenks. Sie besitzt die geringste Feuerrate. Auf ihrem Axon wird dieses Signal zu einem Outputneuron des Kleinhirnkerns übertragen, wo der Signalwert invertiert wird. So wird aus dem ursprünglichen Minimum ein Maximum.
Damit stellt die Elementarmatrix ein Koordinatensystem dar, in dem die x-Achse den Winkel α und die y-Achse den Winkel β repräsentiert (jedoch in einem nichtlinearen Maßstab). In z-Richtung können wir uns die Erregung der zugehörigen Purkinjezellen denken, die dort gitterförmig verteilt sind. Das globale Erregungsminimum im Punkt P(x,y) verschlüsselt eineindeutig die aktuellen Werte der Winkel α und β.
Da alle Outputneuronen des Kleinhirnkerns in den Cortex projizieren, gibt es dort ein Signalabbild der cerebellaren Elementarmatrix, die wir als cortikale Elementarmatrix bezeichnen können. Sie verschlüsselt über die Lage des globalen Maximums in dieser Fläche die zwei Gelenkwinkel α und β.
Wenn nun der Gelenkwinkel α verändert wird, so wandert das Erregungsminimum im Cerebellum bzw. das Erregungsmaximum im Cortex in x-Richtung hin und her, es erfolgt eine waagerechte Bewegung des Extremwertes. Wird der zweite Winkel β des Gelenks verändert, so wandert der Extremwert entlang einer vertikalen Linie hin und her. Auch in der funktionalen Abbildung stehen beide Winkel orthogonal zueinander.
Gehören die zwei Gelenkwinkel zu einem Arm, der kreisende Bewegungen ausführt, so wird der Extremwert im Cerebellum und im Cortex eine Bewegung entlang einer Kreislinie vollführen. Die Größe des Kreises wird von der Armrotation abhängen. Rotiert der Arm in kleinen Kreisen, so wird das Abbild der Bewegung im Cerebellum und im Cortex aus kleinen Kreisen bestehen. Rotiert der Arm in großen Kreisen, so tut es der Extremwert im Cerebellum bzw. im Cortex ebenfalls in großen Kreisen.
Dies ist eine hervorragende Körperanalyse, die das Spinocerebellum ermöglicht. Sie entspricht in etwa dem, was ebene Divergenzmodule erreichen können, die im Kapitel „4.2. Divergenzmodule mit seitlicher Signalausbreitung“ in der Monografie „Gehirntheorie des Menschen“ beschrieben werden (Link: https://www.gehirntheorie.de/Kapitel-4-2.html).
Allerdings haben wir es hier mit einer linearen Signaldivergenz im Nucleus olivaris zu tun, der Frühform aller Signaldivergenzen. Sie ist generell minimumcodiert. Eine maximumcodierte Signaldivergenz in der Fläche entwickelte sich wahrscheinlich erst bei den Primaten. Frühe Wirbeltiere mussten auf die minimumcodierte Signaldivergenz mit der klassischen Kabelgleichung für myelinfreie Axone zurückgreifen, konnten jedoch damit die Signale auch recht gut analysieren.
Wären die beteiligten Neuronen Teile eines neuronalen Netzes, welches den Input aus dem Nucleus olivaris zugeführt bekommt, wäre es faktisch unmöglich, mit derart wenigen Neuronen die zugehörigen Gelenkwinkel α und β zu ermitteln.
Weiterhin wäre darauf hinzuweisen, dass die Schaltung der Elementarmatrizen im Cerebellum und Cortex völlig ohne irgendwelche Lernvorgänge auskommt. Zu mindestens auf dem beschriebenen Entwicklungsstand des Spinocerebellums ist keinerlei Lernen für diese Signalanalyse erforderlich!
Hier muss dringend mit dem Mythos aufgeräumt werden, das komplette Gehirn wäre ein lernendes neuronales Netz. Große Teile des Gehirns dienen der Signalanalyse und erbringen intelligente Leistungen ohne Hebbsches Lernen oder LTP oder LTD. Sie vollbringen genau diejenigen Leistungen, die die Signalanalyse und Signalaufbereitung beim Deep Neural Learning realisieren. Denn auch künstliche neuronale Netze werden nicht mit Originaldaten (z. B. Fotos, Schall, Lexika) gefüttert, sondern diese müssen erst mit großem Aufwand aufbereitet und in die richtige Datenform gebracht werden. Dies erfordert bereits riesige Rechnerleistung. Beim Gehirn ist es nicht anders. Große Teile des Gehirns dienen der Datenaufbereitung. Dazu braucht es keinerlei Lernvorgänge, kein Hebbsches Lernen, kein LTP oder LTD, sondern nur mathematisch begründete Algorithmen, die es zu erkennen gilt und die sich in den neuronalen Schaltungen meist erfolgreich verstecken.
Doch wie kann die Analyse von Gelenkwinkel durch das Cerebellums die Suche nach Futter steuern?
Dies geschieht durch Überlagerung von neuronalen Signalen verschiedenen Ursprungs.
Wir prüfen, ob die Outputsignale einer cerebellaren Elementarmatrix, wenn sie das Cerebellum maximumcodiert verlassen und aufwärts zum Cortex ziehen, dabei auch das Tectum opticum durchqueren müssen, dort von den visuellen Signalen so verändert werden können, dass eine zielgerichtete Bewegung des Wirbeltieres zur Beute erfolgen kann. Diese Beute hinterlässt im Tectum ein Erregungsmaximum, dessen Lage von der Lage der Beute abhängt und sich mit ihr mitbewegt.
Wir erinnern uns: Die Elementarmatrix des Cerebellums projiziert über den Kleinhirnkern erregend zum Cortex. Wir unterstellen, dass die Projektionsaxone ihre räumliche Anordnung dabei nicht verändern, sondern exakt parallel zueinander ohne Vermischung aufwärts zum Cortex ziehen.
Dabei wird beispielsweise das Wirbelgelenk, welches wir betrachtet haben, in ein Quadrat mit Signalen überführt, die in x-y-Richtung die Gelenkwinkel α und β als Extremwert (hier Maximum) verschlüsseln. Wenn die aufsteigenden Axone beim Tectum ankommen, kontaktieren sie unterhalb des Tectums Neuronen der Klasse 4, die aufwärts projizieren. Jede Modalität besitzt in fast jeder Etage eine solche Eingangsschicht, in der die Signale an das nächste Segment weitergereicht werden. Jedes Wirbelgelenk bildet eine derartige Neuronenschicht mit den Signalen aus der cerebellaren Elementarmatrix. Wir wollen diese Neuronenschicht als tectales Abbild der cerebellaren Elementarmatrix bezeichnen, sie enthalten so viele Projektionsneuronen wie es Purkinjezellen in der Elementarmatrix gibt. Einige dieser Neuronen werden von den Outputsignalen des Tectums erregt, wenn sie sich an den Stellen befinden, die dem visuellen Abbild der Beute entsprechen. Dazu müssen Interneuronen die Erregung vom Tectum zum tectalen Abbild übertragen (oder die Tectumneuronen müssen längere, vertikal orientierte Axone bilden, die zum tectalen Abbild des Gelenks absteigen und ihre Erregung auf die dortigen Neuronen übertragen).
Das tectale Abbild der cerebellaren Elementarmatrix wird vom Tectumoutput verändert, punktuell verstärkt. Die visuelle Erregung der Beute wird signaltechnisch hinzuaddiert.
Wir erinnern uns: Die Signale der Elementarmatrix des Cerebellums erreichen als maximumcodierte Signale wieder die Elementarmatrix des Cerebellums auf den Moosfasern.
Nun wird es kompliziert! Wir erweitern die bisherige Cerebellumschaltung um eine Moosfaserprojektion, die wir als orthogonale Moosfaserprojektion bezeichnen. Die Idee zu dieser Moosfaservariante kam dem Autor Anfang Februar 2024 beim Durchlesen der folgenden Veröffentlichung: „THE CEREBELLUM CONVERTS INPUT DATA INTO HYPER LOW- RESOLUTION 3-D PIXELS. WHO KNEW?“, veröffentlicht von Mike Gilbert und Anders Rasmussen in bioRxin, erreichbar im Internet unter dem Link https://www.biorxiv.org/content/10.1101/2023.07.14.548987v9.
Dort ist zur Erläuterung der dargelegten Argumente die folgende Abbildung enthalten, die hier (ohne Genehmigung durch die Autoren) als Bildzitat (in wissenschaftlichen Arbeiten zulässig) wiedergegeben wird:
Bildquelle zum Bildzitat:
https://www.biorxiv.org/content/10.1101/2023.07.14.548987v9.
In der Abbildung ist zu erkennen, dass die Moosfaser auf ihrem Weg eine orthogonale Kollaterale bildet, eine Abzweigung, die nun im rechten Winkel zur bisherigen Richtung abbiegt und sich in Richtung der Purkinjezellreihen ausbreitet, während sie mit den Purkinjezellen Kontakt aufnimmt.
Es gibt also offensichtlich die Möglichkeit, dass Moosfasern plötzlich rechts oder links abbiegen und dem Verlauf der dort befindlichen Kletterfaser folgen.
Zum genannten Artikel, in dem diese Abbildung verwendet wird, muss gesagt werden, dass er sich mehr auf die Arbeit des Pontocerebellums konzentriert. Beschrieben wird dort, dass prinzipiell alle Purkinjezellen einer Reihe fast völlig identischen Input erhalten. Dies wird noch zu diskutieren sein, wenn die Signalverarbeitung im Pontocerebellum beschrieben wird.
Wir werden diese Projektion von Moosfaserkollateralen, die orthogonal zur eigentlichen Hauptausbreitungsrichtung erfolgt, als orthogonale Moosfaserprojektion bezeichnen.
Wie kann so die Entstehung der orthogonalen Moosfaserprojektion technisch und topologisch organisiert sein? Welchen Umständen verdankt diese Projektion ihr Dasein?
Technisch gesehen hat jede Moosfaser ihren Ursprung in einer Purkinjezelle. Wir nennen diese Purkinjezelle die erzeugende Purkinjezelle dieser Moosfaser. Deren Output zieht über den Kleinhirnkern, den Cortex und die Brückenkerne zum Cerebellum in die Elementarmatrix, die diese Purkinjezelle beherbergt. Dort greift ein Algorithmus, der es dieser Moosfaser erlaubt, ihre erzeugende wiederzufinden und dort eine Körnerzelle zu erregen, deren Axon als Parallelfaser genau diese Purkinjezelle erregt.
Jede Moosfaser zieht in der Elementarmatrix, aus der sie stammt, zu ihrer erzeugenden Purkinjezelle, von der sie ursprünglich abstammt. Neu ist in diesem Fall jedoch die Fähigkeit der Moosfaser, ihre eigene Purkinjezelle zu finden. Hilfreich ist dabei das On-Off-Markerverhältnis sowie möglicherweise elektrische Synapsen.
Bei der Rückkehr einer Moosfaser zu der sie verursachenden Purkinjezelle gibt es jedoch noch ein Problem zu lösen: Die Moosfaser würde mit ihrer Ausbreitung das On-Off-Markerverhältnis stören, welches die topologische Anordnung der Kletterfasern und Moosfasern sicherstellt.
Doch die Natur fand eine Lösung:
Die ankommende Moosfaser folgt im Moosfaserstrang zunächst der Moosfaserrichtung so lange, bis sie die Spalte der Purkinjezellen erreicht, in der sich die zu kontaktierende Purkinjezelle befindet. Dann bildet sie eine Kollaterale, die rechtwinklig abbiegt und dem Verlauf derjenigen Kletterfaser folgt, die diese Reihe von Purkinjezellen kontaktiert. Diese Kletterfaser besitzt das gleiche On-Off-Markerverhältnis wie diese Moosfaser. Auf diese Weise findet sie ihre Ziel-Purkinjezelle und kann sie kontaktieren. Dabei wird das Gradientengefälle der On-Off-Marker nicht gestört. Die Purkinjezelle wird über eine Körnerzelle kontaktiert, deren Axon als Parallelfaser die genannte Purkinjezelle erregt. Andere Purkinjezellen, in deren Dendritenbaum diese Parallelfaser hineinragt, werden nicht kontaktiert. Somit gibt es in der Elementarmatrix eine Parallelfaser mit einem Signal aus dieser Matrix, die jedoch nur die Purkinjezelle erregend kontaktiert, von der sie ursprünglich abstammt.
Die orthogonale Moosfaserprojektion wirkt erregend auf die erzeugende Purkinjezelle und hemmend auf die Purkinjezellen der benachbarten Elementarmatrizen.
Dieses Konstruktionsprinzip erlaubt es, dass den zum Cerebellum ziehenden Moosfasern bereits im Cortex, im Tectum opticum, im Torus semicircularis oder in einem anderen Neuronenkern eine Fremderregung aufgeprägt wird, die letztlich zu einer Veränderung des Outputs der Elementarmatrix führt (Fremdsignalsteuerung). Wird dort ein Neuron zusätzlich erregt, dessen Axon (auch über mehrere zwischengeschaltete Projektionsneuronen) letztendlich als Moosfaser zur erzeugenden Purkinjezelle zieht, so empfängt diese eine zusätzliche Erregung, die sich der vorhandenen in der Elementarmatrix des Cerebellums überlagert und sogar auf die Nachbarmatrizen wirkt.
Nun fehlt nur noch der Nachweis, dass diese Steuerung auch wirksam werden kann.
Wir müssen uns fragen, wie die motorische Steuerung realisiert wird, wenn im Nucleus olivaris eine starke Signaldivergenz stattfindet und eine weitere starke Signaldivergenz im Spinocerebellum. Die Zahl der zu einer Elementarmatrix gehörenden Outputneuronen steigt quadratisch mit dem Grad der Signaldivergenz.
Diese starke Signaldivergenz muss im neuronalen System rückgängig gemacht werden. Da die Signaldivergenz in zwei Stufen erfolgte, wird sie auch in zwei Stufen rückgängig gemacht. Auf diese Weise werden die motorischen Steuersignale für die Muskeln der beteiligten Gelenke wiedergewonnen.
Zunächst konvergieren Cerebellumsignale, deren Purkinjezellen in einer Elementarmatrix von der gleichen Kletterfaser kontaktiert werden, auf ein gemeinsames Zwischenneuron. Dadurch wird aus n² Outputsignalen des Cerebellums ein Signalvektor mit n Positionen. Es entspricht nun dem Signalvektor des Nucleus olivaris, wo jede Elementarmatrix nur n Kletterfasern hervorbringt. Es ist anzunehmen, dass diese erste Konvergenzschaltung im Cortex zu finden ist, denn die Neuronenanzahl im Nucleus ruber ist im Verhältnis zur Anzahl der Purkinjezellen um Größenordnungen kleiner. Also muss der Cerebellumoutput bereits im Cortex durch Signaldivergenz extrem reduziert werden.
Der Cerebellumoutput erreicht den Cortex auf der sensorischen Seite und wechselt dort auf die motorische Seite. Von dort gibt es eine 1:1-Projektion zu den Basalganglien, weil jedes Signal ein Echo erzeugen muss, wenn seine zeitliche Veränderung überwacht werden soll. Ebenfalls ziehen diese Signale ins limbische System, wo sie länger andauernde Signalechos erzeugen, die mit anderen Signalen kombiniert werden können.
Doch diese Signale ziehen nicht direkt zum Nucleus ruber, sondern werden mit großer Sicherheit in der fünften Cortexschicht einer ersten Signalkonvergenz unterzogen. Alle Signale einer Elementarmatrix aus dem Cerebellum, die von der gleichen Kletterfaser abstammen, konvergieren auf ein Outputneuron des Cortex. So gibt es statt n² Cerebellumsignalen nur noch n Cortexsignale. Jedes der n Konvergenzneuronen empfängt den Cerebellumoutput von n Purkinjezellen. Da der Abstand des Konvergenzneurons zu den cortikalen Outputneuronen relativ klein ist, tritt kaum eine Signaldämpfung auf.
Die zweite Signalkonvergenz findet im Nucleus ruber statt. Die Outputneuronen, die jede für sich n Cerebellumsignale integriert hatten, projizieren abwärts zum Nucleus ruber.
Der Nucleus ruber besteht, ebenso wie der Nucleus olivaris, aus zwei Doppelschichten, einer On-Schicht und einer Off-Schicht. Diese zwei Schichten sind die Outputschichten des Nucleus ruber. Die Inputschichten bestehen aus n Schichten von Inputneuronen, in denen die n Axone der Cortexneuronen andocken und diese erregen. Deshalb ist der Nucleus ruber ein Spiegelbild des Nucleus olivaris, nur dass Input- und Outputneuronen vertauscht sind. Im Nucleus olivaris divergieren die On-Off-Signale auf n Outputneuronen. Im Nucleus ruber konvergieren n Cortexsignale auf zwei Outputneuronen, von denen eines vom On-Typ und das andere vom Off-Typ ist. Hier tritt wieder eine abstandsabhängige Dämpfung auf, es handelt sich um ein inverses Divergenzmodul, also ein Konvergenzmodul.
So gewinnt der Nucleus ruber die zwei Muskelsignale eines Gelenks zurück, die Cerebellumsignale der Elementarmatrix dieses Gelenks konvergieren letztlich auf zwei Outputneuronen des Nucleus ruber. Die Signale der Nachbarmatrix des Cerebellums konvergieren auf zwei benachbarte Outputneuronen des Nucleus ruber.
Das On-Signal des Nucleus ruber erregt die Beugemuskeln des Gelenks, das Off-Signal die Streckmuskeln. Befindet sich der Streckmuskel auf der kontralateralen Seite, ist noch ein Seitenwechsel erforderlich.
Nun wird klar, wie ein visuelles Signal im Tectum, das auf die Gruppe von n² Outputneuronen der Elementarmatrix einwirkt, motorisch wirksam wird. Es ändert die Erregung von Muskeln, weil es mit den aufsteigenden Cerebellumsignalen in Wechselwirkung tritt. Die Änderung der Aktivität bleibt erhalten und wird auch über die Signalkonvergenz im Cortex und im Nucleus ruber an die beteiligten Gelenkmuskeln weitergegeben, gleichzeitig wird in der zugehörigen Elementarmatrix des Cerebellums die Erregungslage geändert, was ebenfalls motorische Folgen hat.
In der folgenden Abbildung ist das komplette Schaltbild des Spinocerebellums beispielhaft dargestellt mit einer Elementarmatrix. Nicht eingezeichnet ist die cortikale Projektion in die Basalganglien und ins limbische System, da das Schaltbild dadurch völlig unübersichtlich werden würde.
Die Farben Grün und Rot in der obigen Abbildung verdeutlichen die Wirkung der On-Off-Marker. Grün symbolisiert den On-Marker, Rot den Off-Marker. Es wird deutlich, dass die Markerkonzentration entlang der Signalwege eine topologische Wohlordnung bewirkt. Ebenso wird deutlich, dass die signalführenden Axone prinzipielle parallel zueinander verlaufen. Genau diese Einsicht liefern auch die Forschungsergebnisse des amerikanischen Human Connectome Projects.
Diejenigen, die seit Jahrzehnten auf der Suche nach dem Schaltplan des Gehirn sind, sei der oben dargestellte Schaltplan des Spinocerebellums nahegelegt. Er liefert nicht nur die reine Schaltung, sondern erklärt auch die Signalverarbeitung in dieser Schaltung.
Bisher haben wir nur motorische Signale betrachtet. Es gibt jedoch auch andere Signalarten, die ebenfalls dual sind und von denen es sowohl eine On-Variante als auch eine Off-Variante gibt.
Im visuellen Bereich wären die Helligkeitsrezeptoren zu nennen, die als On-Off-Signalpaare pro Bildpixel der Retina vorliegen. Ebenfalls Dual sind die Farbsignale. Hier gibt es beispielsweise Rot-On/Grün-Off, aber ebenso Rot-Off/Grün-On.
Das Spinocerebellum ist in der Lage, derartige Signale ebenso zu behandeln wie die motorischen On-Off-Signale. Der Leser möge selbst die Konsequenzen einer derartigen Fähigkeit ergründen. Helligkeitssehen und Farbsehen mit einer Bewertung der Signalstärke bzw. Wellenlänge des Lichtes werden vom Spinocerebellum ebenso gemeistert wie die Analyse der Muskelspannungen. Anstelle der Gelenkwinkel eines Gelenks mit 2 Freiheitsgraden würden im visuellen Fall die Wellenlänge in einer Farbfläche analysiert, bei der in x-Richtung der Farbkanal Rot -Grün und in y-Richtung der Farbkanal Blau-Gelb analysiert werden würde (Farbquadrat).
Alle diese Signalanalysen sind Vorbereitungen darauf, die Outputsignale des Cerebellums im Pontocerebellum weiter auszuwerten. Doch das Pontocerebellum ist ein Deep Neural Network, ein tief geschichtetes neuronales Netz mit der Fähigkeit zu umfassendem Lernen und der Erzeugung von Intelligenz. Doch dazu benötigt das Pontocerebellum auch die Basalganglien sowie das limbische System.
Das Verblüffende ist, dass es nur einer geringen Schaltungsänderung bedarf, um aus der Schaltung des Spinocerebellums die Schaltung des Pontocerebellums zu machen. Diese Schaltungsänderung ist zwar recht auffällig und wurde von mir bei der Untersuchung der Cytoarchitektur recht schnell entdeckt. Es sind die Kletterfasern, die im Pontocerebellum ihre historisch gewachsene Rolle verändern. Ihr Input stammt nicht mehr von Elementarsignalen, beispielsweise Vestibularsignalen, Muskeln, Tastrezeptoren oder Sehrezeptoren. Der Kletterfaserinput des Pontocerebellums entstammt einer cortikalen Population von Mittelwertneuronen. Dies wurde bereits in meiner ersten Monografie im Jahr 2012 postuliert.
Als wichtigste Folge entwickelt das Pontocerebellum Fähigkeiten, die die Grundlage der Intelligenz der Wirbeltiere sind.
Dies wird im folgenden Kapitel erläutert.
Doch nun in eigener Sache:
Der Autor veröffentlicht seine Gehirntheorie seit dem Jahre 2012 sowohl als Monografien als auch im Internet auf seiner Webpräsenz. Bis zum heutigen Tag (20.01.2025) hat sich kein einziger wissenschaftlicher Verlag bereitgefunden, diese Monografien zu veröffentlichen. Begründet wurde dies mit der fehlenden Rentabilität, Verlage wollen Geld verdienen.
Daher wurden die Monografien im verpönten Eigenverlag verlegt und zusätzlich im Internet veröffentlicht.
Obwohl meine Webseiten stark besucht werden, Besucher aus allen Kontinenten und fast allen Ländern in der Besucherstatistik nachweisbar sind und meine Webseite an manchen Tagen stundenlang besucht wird, habe ich noch keine einzige Rückmeldung von einem Besucher meiner Website erhalten. Es scheint, dass sich alle totstellen! Oder bedienen sich andere an meinen Ideen? Hoffentlich nicht.
Angesichts fehlender Resonanz überlege ich, ob ich diese Website auf eine kostenpflichtige Benutzung umstellen sollte, damit sich der Aufwand wenigstens finanziell auszahlt.
Ich habe inzwischen finanzielle Ausgaben im höheren vierstelligen Bereich. Da ich meine Forschung rein privat (ohne Anbindung an eine Hochschule) betreibe, habe ich keine Sekretärin, der ich meine Gedanken diktieren kann. Ich habe auch keinen Lektor, der meine Texte auf Orthografie und Stilistik prüft. Ich habe auch keine Hirnforscher, die bereit sind, mit mir irgendeinen Gedankenaustausch zu betreiben oder meine Theorieelemente wissenschaftlich zu überprüfen. Und letztlich habe ich auch keinen Programmierer, der meine Texte in ein HTML-Format überträgt und meine Webseiten entwirft und programmiert. Da meine Englischkenntnisse unzureichend sind, übersetze ich (notgedrungen) meine Texte mittels des Programms Deepl in die englische Sprache, auch hier hilft mir niemand. Die ganze Arbeit leiste ich allein und unentgeltlich.
Als letztes Hindernis muss ich die Suchmaschinen nennen. Sehr viele wissenschaftliche Veröffentlichungen befinden sich hinter einer Bezahlschranke und sind für mich nicht zugänglich. Und in den letzten Jahren hat sich die Qualität aller verfügbaren Suchmaschinen im Internet stark verschlechtert. Das Internet wird geflutet von unsinnigen, oft falschen Informationen, die man ins Internet stellt mit der Absicht, den Verkauf und den Umsatz zu erhöhen.
Etliche Hirnforscher werden sich möglicherweise daran stören, dass ihre Arbeiten in meinem Literaturverzeichnis nicht enthalten sind. Jedoch hat sich leider das Zitieren von Arbeiten inflationär entwickelt. Manche Institutionen zählen nur noch die Zahl der Veröffentlichungen, man hat sogar schon kriminellen Missbrauch festgestellt.
Es ist nicht einzusehen, dass Fakten, die inzwischen in jedem guten Lehrbuch seit Jahrzehnten nachlesbar sind, durch Primärquellen belegt werden sollen. Schließlich können Wissenschaftshistoriker recht genau nachvollziehen, wer wann welche Idee hatte. Bei meiner Gehirntheorie scheint das Interesse ungebrochen, seit Jahren belegt meine Webseite „Gehirntheorie der Wirbeltiere“ den Platz 1 im Ranking bei Google und Bing. Insofern ist es verwunderlich, dass es bisher keinerlei Rückmeldungen gab.
Sehr bedauerlich ist das Fehlen jeglichen Interesses von Seiten der Industrie. Laut klagt man über das Halluzinieren der KI-Systeme. Eine Ursache könnte darin liegen, dass sich künstliche neuronale Netze in ihrer Systemarchitektur deutlich von natürlichen neuronalen Netzen im Wirbeltiergehirn unterscheiden. Dazu wird sich das nächste Kapitel (möglicherweise) äußern. Es müsste im Interesse der KI-Experten liegen, diese Unterschiede zu erkennen und in Patente zu überführen, die die Möglichkeit eröffnen würden, auf diesem Gebiet zum Weltmarktführer aufzusteigen. Zumal das Halluzinieren bei technischen Anwendungen eine echte Gefahr darstellt und zu riesigen finanziellen Verlusten führen kann. Wer auf diesem Gebiet interessiert ist, sollte bald Kontakt aufnehmen. Angesichts meines Alters (75 Jahre) ist absehbar, dass meine Beschäftigung mit dieser Thematik bald beendet werden wird.
Damit wären meine persönlichen Bemerkungen allen Lesern zur Kenntnis gegeben.
Doch wie entstand aus dem Spinocerebellum das Potnocerebellum?
Mittelwerte erster und zweiter Stufe! Bsp: Orientierungssäulen
Monografie von Dr. rer. nat. Andreas Heinrich Malczan